20. 2024
Nov

Initiative Musik - Spielstättenprogrammpreis / Applaus

 

Wie auch das "Vogler-Gema-Drama" gehört das Thema "Initiative Musik - Spielstättenprogrammpreis/Applaus" zur "Vogler-Geschichte". Viel Spaß beim Lesen :-)

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Wie geht die Bundesregierung mit Steuergeldern um? Ein Muster-Beispiel für Vettern-Wirtschaft, Steuergeld-Verschwendung, Wettbewerbs-Verzerrung und Subventions-Missbrauch?!

Die Theorie

"Mit dem neu gegründeten Spielstättenprogrammpreis würdigt die Bundesregierung das Engagement von Clubbetreibern, die ohne oder mit nur wenig öffentlicher Förderung ein ambitioniertes Musikprogramm anbieten" (Kulturstaatsminister Bernd Neumann, CDU, 2013)

Die Praxis

Preise an Clubs, die mit bis zu 800.000,- Euro jährlich subventioniert werden?! 88.000,- Euro Steuergelder für eine Preis-Verleihungs-Party von 55 Preis-Trägern?! Jury-Mitglieder vergeben an sich selbst Preise?! Knapp 100.000,- Euro Preisgelder an einen einzigen Club?! Preise gehen immer wieder an die selben Clubs?! Über 10% der Gelder zweckentfremdet?! Eigene Bewerbungs-Richtlinien nicht eingehalten?! Ein "Bestechungs-Versuch"?! ...

* 2013 und 2014 hieß der Preis: "Spielstättenprogrammpreis", seit 2015 "APPLAUS" ("Auszeichnung der Programmplanung unabhängiger Spielstätten")

Sie wissen, es gibt kaum noch privat-finanzierte Spiel-Stätten für Live-Musik. Und: Es werden immer weniger. Die "Bundesregierung", 2013 vertreten durch CDU-Minister Bernd Neumann, von 2014 - 2021 durch Staatsministerin Prof. Monika Grütters, CDU, seit 2021 durch Claudia Roth, Grüne, will seit 2013 mit einem "Spielstättenprogrammpreis/Applaus", dotiert bis 2016 mit jährlich 1 Million Euro (ab 2017 mit 1,85 Million Euro Steuergeldern), die Bühnen unterstützen, die "ohne oder mit nur wenig öffentlicher Förderung" versuchen, Live-Musik zu ermöglichen.

Es folgten seit 2013 bundesweite Ausschreibungen. Und eine Reihe "Merkwürdigkeiten":


1. Die Jury-Mitglieder Reiner Michalke und Karsten Schölermann

In der neun-köpfigen Jury der "Initiative Musik" saß 2013 und 2017 u.a. der Geschäftsführende Gesellschafter und Programmchef des Kölner "Stadtgartens", Reiner Michalke. Wer hat 2013 bis 2016 einen Preis bekommen: Der Kölner "Stadtgarten". 2016 wurde der "Kölner Stadtgarten": "Spielstätte des Jahres".

Ein weiteres Jury-Mitglied 2013, Karsten Schölermann, ist u. a. Vorstand des Hamburger "Clubkombinates e.V.", eines "Verbandes Hamburger Club-, Party- und Kulturereignisschaffender". Preisgekrönt wurden aus diesem Verband 2013 fünf Clubs. Darunter: "Die Spielstätte des Jahres" 2013. Die Inhaber zweier ausgezeichneter Clubs sind gleichzeitig Vorstands-Kollegen von: Jury-Mitglied Schölermann.

Karsten Schölermann ist auch: Geschäftsführer des Hamburger Clubs "Knust". Dieser wurde nicht 2013 dafür aber 2014, 2016 und 2017 bepreist. Im Jahr 2015, 2016 und 2017 war Karsten Schölermann mit der "LiveMusikKommission e.V." auch "Partner" der "Initiative Musik" und des "Spielstättenprogrammpreises".


2. Die Party - und: Jury-Mitglied Karsten Schölermann

88.000,- Euro Steuergelder kostete z.B. 2013 die Party für 55 Preisträger in Hamburg. 1.600,- Euro pro Preisträger.

68.000,- Euro gingen davon allein an den Hamburger Club "Uebel & Gefährlich". Hat das "Uebel & Gefährlich" zusätzlich auch noch einen Preis bekommen: Ja. In Höhe von 30.000,- Euro (damit gingen knapp 100.000,- Euro = 10% der von der Bundesregierung zur Verfügung gestellten einer Million Steuergelder an nur einen Club). - Ist das "Uebel & Gefährlich" Mitglied in Schölermanns "Clubkombinat"? Ja. - Ist der Inhaber des "Uebel & Gefährlich" ein Vorstands-Kollege von Schölermann? Ja.

 


3. Die Bewerbung - und eine ihrer wesentlichen Voraussetzungen ...

Bewerben durften sich nur Bühnen, die innerhalb von drei Jahren "nicht mehr als 200.000 Euro öffentliche Beihilfe erhalten", nur dann "kann der Spielstättenprogrammpreis in Anspruch genommen werden". Dies war eine wenn nicht die Vorraussetzung für eine Bewerbung - und musste gesondert bestätigt werden. Die meisten Bühnen werden, wie das "Vogler", privat finanziert und erhalten keine Subventionen.

An ihre eigenen Bewerbungs-Richtlinien hat sich die „Initiative Musik“ nicht gehalten und Ausnahmen zugelassen: Eine ganze Reihe Clubs wurden ausgezeichnet, die weit über der Subventions-Grenze von jährlich knapp 67.000,- Euro liegen. Darunter waren Clubs, die bis zu knapp 800.000,- Euro Subventionen jährlich erhalten ("Alte Feuerwache Mannheim") oder der "Karlstorbahnhof" in Heidelberg mit jährlich über 500.000,- Euro Subventionen, (der "Karlstorbahnhof" wurde 2013, 2014 und 2015 ausgezeichnet). Auch in München wurde ein Jazzclub vier Jahre hintereinander ausgezeichnet - obwohl er über der Subventions-Grenze lag.

Zur Nicht-Einhaltung der "Subventions-Grenze 200.000,- Euro in drei Jahren" schrieb mir die Geschäftsführerin der "Initiative Musik", Ina Keßler (und jetzt wird es kompliziert):

"Clubs (können nur) einen Preis erhalten, wenn sie in den letzten beiden Steuerjahren und im laufenden Steuerjahr nicht die Grenze von 200.000 € De-minimis-Beihilfen überschritten haben. Nicht jede öffentliche Förderung erfüllt aber den Tatbestand einer De-minimis-Beihilfe. Anzurechnen sind dabei alle Subventionsbeiträge, die ausdrücklich als De-minimis-Beihilfen gewährt werden und als solche von der jeweiligen Bewilligungsbehörde bescheinigt sind.
 Wir sind verpflichtet, die Preisgelder des Bundes als De-minimis-Beihilfen auszuweisen, alle Antragsteller darauf hinzuweisen und die Einhaltung der Obergrenze von 200.000 € durch eine schriftliche Bescheinigung auch abzufordern."

Und hier werden zwei Dinge vermischt, die nichts miteinander zu tun haben:

Natürlich unterliegt das Preis-Geld der Bundesregierung (= Steuergelder) der "DeMinimis-Regelung" (dies ist eine Regelung der EU zum Schutz vor Wettbewerbsverzerrung durch nationale Subventionen). Darum heisst es ja auch in der Bewerbung: "Der Spielstättenprogrammpreis fällt unter die DeMinimis-Regelung".

Die in der Bewerbung als Obergrenze genannten "200.000,- Euro öffentliche Beihilfe" haben aber mit der DeMinimis-Regelung nichts zu tun. Darum heisst es: "(der Spielstättenprogrammpreis) kann nur in Anspruch genommen werden, wenn in den drei Steuerjahren 2011, 2012 und 2013 zusammen nicht mehr als 200.000 Euro öffentiche Beihilfen erhalten wurden."

Welcher Club in Deutschland bekommt denn auch Gelder, die unter die DeMinimis-Regelung fallen?! Welcher Club bekommt EU-Subventionen?! Geschäftsführerin Ina Keßler: "Ich kenne keinen, aber ich weiss, dass es EU Programme gibt, an denen theoretisch auch Spielstätten aus Deutschland beteiligt sein könnten." - "Ich kenne keinen ... (...) theoretisch ... (...)" - damit ist eigentlich schon alles gesagt.


4. "Versickerte" Gelder ...

"Die 1 Million Euro für den Spielstättenprogrammpreis kommt aussschliesslich Livemusikspielstätten zugute ..." - Von den 1 Million Euro Steuergeldern, die für die Unterstützung kleiner Bühnen freigegeben wurden, kamen 2013 nur 870.000 Euro bei den Bühnen an. 130.000,- Euro "versickerten" in Party, Hotel-Kosten und "weiteres" - 2014 "versickerten" 100.000,- Euro ...


5. Die Qualität der Jury

"Vogler ist der größte Idiot am Jazzhimmel" hat Felix Falk, Berliner Musiker, Sprecher der "Bundeskonferenz Jazz", Jury-Mitglied des "Spielstätten-Programm-Preises" 2013 und 2014, Beirat beim "Deutschen Jazzpreis 2021" auf meine Kritik an der Vergabe-Praxis und dem mehr als zweifelhaften Umgang mit Steuergeldern in einer E-Mail im Oktober 2013 geschrieben.

Damit aber nicht genug: Falk schrieb mir im Juni 2014:

"auf Deiner Webseite (...) wird mir eine Aussage gegenüber Dir zugeschrieben ("Vogler ist der größte Idiot am Jazzhimmel"), die so nicht von mir stammt. Ich bitte Dich daher, dieses Zitat zu entfernen. Auch in diesem Jahr bin ich wieder in die Jury für den Preis berufen worden und mir ist wichtig, unabhängig und unvoreingenommen über alle Bewerbungen zu urteilen." -

Ich habe Falk seine eigene E-Mail mit dem Satz als Beleg noch einmal zugeschickt. Damit er dann "unabhängig und unvoreingenommen über alle Bewerbungen (...) urteilen" kann.


6. Einmal Preis - immer Preis?!

50% der Preisgelder des "Applaus'"/"Spielstättenprogrammpreises", wurden z.B. 2015 in der "Kategorie 1" ausgeschüttet, Preisgeld pro Bühne: 30.000,- Euro. 15 Preisträger gab es 2015 in dieser Kategorie, zehn von den 15 sind mehrfachst prämiert, 5 haben sogar ein "Preis-Abo" gebucht und wurden jedes Jahr bepreist: Der "Karlstorbahnhof" (Heidelberg), der "Stadtgarten" (Köln), der "Jazzclub Unterfahrt" (München), das "Domicil" (Dortmund) und der "Jazzclub Tonne" (Dresden).

Ende?!

Bereits 2014 sollte alles besser werden. Transparenter. Ehrlicher. Versprach mir Frau Dr. Nathalie Schierloh, Referentin der "Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien", zuständig für die "Initiative Musik" in einem langen Telefonat. Soweit die Theorie.

Die Praxis: Es gab auch 2014 wieder eine Preis-Verleihungs-Party. Wieder in Hamburg. Sie soll mindestens genauso viel Steuergelder gekostet haben, wie 2013, knapp 90.000,- Euro. Zwölf (knapp 25%) der 2013 Jahr ausgezeichneten Bühnen wurden auch 2014 wieder prämiert. Darunter u.a. mit dem "Karlstorbahnhof" wieder hoch-subventionierte Bühnen. Darunter mit dem "Stadtgarten Köln" und dem "Knust Hamburg" wieder Clubs ehemaliger Jury-Mitglieder etc. etc.


Die Geschäftsführerin der "Initiative Musik", Ina Kessler, schrieb mir im August 2o14:

"Die Jury betonte, dass sie gern mehr Anträge berücksichtigt hätte, was aufgrund der begrenzten Gesamtsumme der Prämien jedoch nicht möglich war."

Wenn nicht die selben Clubs ausgezeichnet würden, könnten auch mehr Anträge berücksichtigt werden. Und: Mit den 2013 und 2014 "versickerten" 230.000,- Euro hätten z.B. 23 weitere Bühnen mit je 10.000,- Euro ausgezeichnet werden können - für privat finanzierte Bühnen: Viel Geld.

Der Bundesregierung darf und kann es nicht egal sein, wie mit "nur" einer Million Euro (und seit 2017 mit 1,85 Millionen Euro) Steuergelder umgegangen wird. Mir als Steuerzahler und als Bühne "die ohne (...) öffentliche Förderung ein ambitioniertes Musikprogramm" anzubieten versucht, ist es jedenfalls: nicht egal.

Mit dieser Art der Vettern-Wirtschaft ist allen geschadet: Dem Ansehen der Bundesregierung, dem Preis - und den Clubs. Es wäre sehr, sehr schade um eine an sich wirklich gute Idee.

P.S.: Interessant: Für Musik-Journalisten ist das Thema ein zu heisses Eisen, da sie entweder selber profitieren, sei es von den (subventionierten) Clubs, von der "Initiative Musik" oder den mit ihr verbundenen Organisationen - und es sich mit diesen nicht verderben möchten, oder weil sie selbst in dieser oder anderen Jurys sitzen. Für alle anderen Journalisten ist das Thema nicht interessant, weil es entweder "ein Musik-Thema ist" oder 1 bzw. 1,85 Million Euro jährlich eine zu geringe Interessens- und Schadens-Summe darstellt. Genauso verhält es sich mit der Politik.

Last but not least: Der "Aufsichtsrat" scheint seiner Verantwortung nicht gerecht zu werden. Von den von mir angeschriebenen Aufsichtsrat-Mitgliedern (Prof. Jens Michow, Prof. Dieter Gorny, Mike Heisel, Norbert Niclauss, Bernd Weismann, Mark Chung, Steffen Kampeter und Dr. Ralf Weigand) hielt es kein einziger für nötig, zu antworten.

Multipliziert man diese Einstellung aller relevanten Entscheidungsträger auf andere Bereiche mit "nur" einer Million Euro verwendeten Steuergelder jährlich, entsteht ein ernsthaftes Problem.


Letzter Versuch: Der Korruptionsbeauftragte der Bundesregierung:

Ich habe mich u.a. am 26.08.2014 und noch einmal am 03.02.2015 an den "Korruptionsbeauftragten der Bundesregierung" gewandt. Dieser hat am 03.02.2015 geantwortet und mich an den Ansprechpartner für Korruptionsprävention und Innenrevisor der "Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien", Regierungsdirektor Michael Berens verwiesen.  Am 3. Februar 2015 schrieb ich ihm das erste Mal mit der Bitte um Prüfung. Immerhin: Es bedurfte nur drei weiterer E-Mails, bis ich eine erste Antwort bekam. Wir telephonierten lange. Er würde sich darum kümmern, versprach er, das wäre alles sehr interessant, sagte er. Haben Sie keine Unterlassungserklärung bekommen?! Interessant, sagte er. "Dann scheint ja zu stimmen, was auf Ihrer Homepage steht". Ende März wagte ich eine dezente Nachfrage, ob sich denn vielleicht, unter Umständen, möglicherweise ... schon ein Ergebnis gäbe: "Der Vorgang ist in Bearbeitung" mailte er mir Mitte April. Am 15. Mai hakte ich noch einmal schüchtern schriftlich nach, ob es denn jetzt, Knicks-Buckel-Knicks, schon Neuigkeiten gäbe?! Keine Antwort.

 Am 1. Juni 2015 bekam ich Post. Nicht vom Korruptionsbeauftragten. Nein. Von: Ministerial-Direktor Dr. Günter Winands:

"Sie hatten die Beauftragte für Kultur und Medien am 3. Februar 2015 und zuletzt mit Mail vom 15. Mai 2015 in Bezug auf die Vergabe der Spielstättenprogrammpreise 2013 und 2014 angeschrieben. (...) Ihre inhaltlichen Kritikpunkte (...) teile ich nicht. Da die Argumente mehrfach ausgetauscht wurden, möchte ich davon absehen, hierauf nochmals näher einzugehen. (...)"

Grübel: Ich hatte doch am 3. Februar und am 15. Mai 2015 den Korruptions-Beauftragten angeschrieben, nicht die Beauftragte für Kultur und Medien, Frau Prof. Grütters.

Grübel, grübel: Warum schreibt mir dann der Ministerial-Direktor?! Weder hatte ich ihn danach gefragt, ob er meine Kritik teile, noch "Argumente (mit ihm) mehrfach ausgetauscht."

Grübel, grübel, recherchier: Ministerial-Direktor Dr. Winands ist der wichtigste und rang-höchste Beamte und der Stellvertreter von Staatsministerin Frau Prof. Grütters, der Politikerin also, deretwegen ich den Korruptionsbeauftragten angeschrieben habe. Und der Korruptions-Beauftragte?! Ist laut Organigramm sein direkter (!) "Untergebener".

Da gehen sie nun hin, Ihre und meine Steuergelder. Auf Nimmer-Wieder-Hinter-Fragen. Aber: Was sind schon ein paar Millionen Euro Steuergelder?! "Peanuts" würde Hilmar Kopper wahrscheinlich sagen. Und Sepp Blatter?! "Nüssli"?!"


Last but not least: Der "Evaluationsbericht"

Im Januar 2015 hat die "Initiative Musik" auf Kosten des Steuerzahlers eine externe, 71-seitige Studie erstellen lassen, in dem sie sich von ihren eigenen Preisträgern des "Spielstättenprogrammpreises" bestätigen lässt, was für einen tollen Job die "Initiative Musik" macht. Das war so natürlich nicht zu erwarten: Daß Preisträger es toll finden, wenn sie einen Preis bekommen. Vor allem, wenn Sie ihn noch einmal bekommen möchten. Aber Achtung! Es wurden auch Experten für die Studie befragt. Echte Experten. Darunter der Aufsichtsrats- und Jury-Vorsitzender der "Initiative Musik" Dieter Gorny, die Geschäftsührerin der "Initiative Musik" Ina Kessler und vier Jury-Mitgleder. Und die haben sich doch glatt positiv über ihre eigene Arbeit geäussert: (Seite leider nicht mehr online) http://www.initiative-musik.de/fileadmin/SPPP/Ergebnisbericht_Evaluation_SPPP_04_2015.pdf


 Nachtrag vom 17.11.2018 und 17. Mai 2019:

2018 hat die "Initiative Musik" zum ersten Mal keine der fünf (hoch-)subventionierten und jährlich bepreisten Clubs ausgezeichnet. Auch ansonsten scheint sich, wenigstens für 2018, das Preis-Vergabe-Verhalten der "Initiative Musik" geändert zu haben. Ob bei der "Initiative Musik" ein generelles Umdenken stattgefunden hat und es zum ersten Mal nach fünf Jahren und fünf Millionen ausgeschütteter Steuergelder wirklich langfristig um die Würdigung des "Engagements von Clubbetreibern, die ohne oder mit nur wenig öffentlicher Förderung ein ambitioniertes Musikprogramm anbieten" geht, bleibt abzuwarten. Ich bleibe optimistisch. Wie immer ... :-)

Zusammenfassung:

Es geht nicht darum, die Arbeit der subventionierten Bühnen zu diskreditieren, nein, die machen einen großartigen Job. Es geht darum, daß man die Arbeit der subventionierten nicht mit der Arbeit der nicht-subventionierten Bühnen vergleichen kann. Nicht-subventionierte Bühnen bekommen das ganze Jahr kein Geld, können deswegen auch ein nicht so hochwertiges Programm wie die Subventionierten machen, arbeiten aber dafür mit einem extrem hohen privaten Risiko und Aufwand. Das Programm beider miteinander zu vergleichen ist: Äpfel mit Birnen. Deswegen wäre es nur fair, gerecht und nachvollziehbar, wenn es zwei getrennte "Wettbewerbe" gäbe: Einer für Subventionierte. Einer für Nicht-Subventionierte. Das wäre fair. Und fair wäre es, wenn die "Initiative Musik" Ihrer Verantwortung für Millionen von Steuergeldern gerecht wird. Das, was 2013 bis ... passiert ist, darf einfach nicht passieren.


Reaktionen aus ganz Deutschland - Eine Auswahl

(da die folgenden Reaktionen fast ausschliesslich von Club-Betreibern stammen, ich deren "Chancen" auf einen Preis aber nicht mindern möchte, sind die folgenden Texte anonymisiert. Ich bitte um Verständnis. Und: Die Texte stellen die Meinung der Verfasser da, wurden von mir nicht nach-recherchiert und müssen nicht meine Meinung wiedergeben)

"Als Betreiber eines kleinen, unabhängigen Clubs gefallen mir deine Gedanken zum Thema "Initiative Musik" und ihrer Vetternwirtschaft sehr. In Dresden z. B. ist der staatlich sowieso schon subventionierte Club "Tonne" nun zum dritten Mal in Folge mit 30.000 Euro "bedacht" worden. (...) Am Ende erreichen die, was sie wollen, nämlich, dass diejenigen, welche mit viel Arbeit und Initiative ihre Läden führen, aus Zeitmangel und Frustration gar keine Bewerbungen mehr schreiben und die "Jazzmafia" das Geld unter sich verteilt."

„(...) Echt zum Kotzen ist die Verschwendung öffentlicher Mittel für den Gala-Abend. Insgesamt sind 180.000 Euro (50.000 davon von der Stadt Hamburg) für repräsentative Zwecke ausgegeben worden. Da ist man als ehrenamtlich Tätiger wieder mal echt begeistert.“

„(...) Ich finde es durchaus postiv, wenn Sie die echten Probleme des Preises so klar benennen. Auch ich war verwundert, dass Preisträger in der Jury sitzen. Auch ich habe nachgerechnet und mich gewundert, wie die Differenz des Geldes verwaltet wurde. Das Fest in Hamburg rechtfertigt die von Ihnen recherchierten Zahlen sicher nicht - ich war dort. (...)“

„(...) ich habe mich aus den gleichen Gründen auch schon beschwert. Auch wir betreiben einen rein privatwirtschaftlich geführten Jazzclub und halten es für absoluten Schwachsinn subventionierte Einrichtungen noch einmal auszuzeichnen. Die Kinobranche zeigt wie es besser geht. Hier werden keine kommunalen Kinos ausgezeichnet und es gibt keine Jurymitglieder die sich selber auszeichnen, sondern es geht rein um die Programmqualität. Der Staatsminister Neumann müßte für Ihr Anliegen offen sein. (...)“

„Auch dass der Karlstorbahnhof in Heidelberg und die Feuerwache einen Preis bekommen haben finde ich extrem merkwürdig. Die bekommen so viele Steuergelder schon das ganze Jahr über, dass man sich fragt wieso die überhaupt teilnehmen konnten. Ich bin da ganz Ihrer Meinung.“

„wundert Dich sowas? Im schönen Ruhrgebiet wird ja auch ein topsaniertes + mietfreies Kulturzentrum mit 40.000 jährlich gefördert, das eigentlich keine Betriebserlaubnis hat und deshalb fast kein Programm anbietet. :-) Das Ganze ist eben ein widerlicher Selbstbedienungsladen.“

„Spielstättenförderpreis? Hast du wirklich angenommen, daß dabei alles korrekt zugeht? Ich mache jetzt seit nahezu 25 Jahren Programm für den Jazzclub (...). Ich habe viel erlebt und gleich abgewunken, als ich davon gehört habe. (...) Was die Politik im großen macht, macht sie auch im kleinen.“

„Da geht einem wirklich der Hut hoch. Wie gut, dass ich mir eine Bewerbung um den Preis gespart habe, die hätte nur Arbeit gekostet und nichts eingebracht. Wie geht es denn jetzt weiter? Das mindeste ist eigentlich eine Information der zuständigen Politik (...)“

„Es ist sicherlich extrem frustrierend zu sehen, dass im Bereich der öffentlichen Kulturförderung auch wirklich alles über Beziehungen und Klüngel läuft. Es ist unerträglich. (...) ALLES beruht auf Verbindungen: (...) Ich würde schätzen, von den noch netto ankommenden 870.000 Euro werden sicher 700.000 Euro rein über Beziehungen verteilt, ohne dass auch nur ein einziger Antrag inhaltlich wirklich geprüft wird (werden muss). Und andere Clubs haben Glück, wenn vom Kuchen noch was übrig bleibt.

(...) Wer da nicht mitzieht, sprich sich GEGEN Michalke und Konsorten wendet, der verliert auch sofort alle anderen Chancen auf öffentliche Förderung. (...) Aber, wer das versucht zu diskutieren , der verbrennt sich die Finger, der zerstört alles, für was er in mühevoller Kleinarbeit gekämpft hat. (...) Und das ist der Grund, warum keiner Lust hat, sich da die Finger zu verbrennen. (...) Ich finde das genauso zum Kotzen wie Du. Es ist erschütternd. Aber öffentliche Kampagnen bringen einen an dieser Stelle nicht weiter. Das System der Lobbyisten und Hinterzimmer der großen Themen der Wirtschaft (Pharma, Rüstung etc...) wird genauso in der Kultur angewandt. Das wirst Du nicht ändern können, egal wie wünschenswert das wäre.“

„(...) ich war geschockt und habe Google nach "Schiebung", "Korruption", "Mauschelei" beim Spielstättenprogrammpreis gefragt (...), doch richtig sauer wurde ich, als die Preisträger 2014 genannt wurden. Ich kenne mich in der Clubszene Berlin und Frankfurt gut aus. „Batschkapp“ und "das Bett" in Frankfurt kriegen Knete in Kategorie I. Diese Läden gehören beide demselben Betreiber. Die neue „Batschkapp“ fasst 1500 Leute. Teilnahmebedingung waren maximal 1000. Das Berghain bekommt Knete in Kategorie II. Das Berghain fasst 1200 Leute. Zudem habe ich deren Programm nachgeschaut und sie hatten nur 34 Konzerte (hätten sich also gar nicht bewerben dürfen). Davon war der Grossteil Rentals, sprich man zahlt 2.400,- Euro damit man dort ein Konzert veranstalten kann (Voraussetzung sie machen die Bar und man bringt minimal 400 Gäste). Die schöne Märzmusik dürfte sich dort komplett eingemietet haben und wird zum Teil auch noch von der Initiative Musik veranstaltet. Das Berghain dürfte also gleich doppelt kassiert haben. (...) Ich habe nichts gegen diese Clubs, doch hätte die Initiative Musik gleich bekanntgeben können das erstmals ihre Schützlinge berücksichtigt werden.“

„Sie haben leider nicht ganz unrecht mit Ihrem Artikel. Doch wollen Sie die Mitglieder des „ClubKombinat“ ausschließen? Die meisten Hamburger Clubs sind dort Mitglied. Sie haben natürlich recht, daß erstaunlicherweise der Vorstand vom Clubkombinat so viel Geld einstecken konnte (...)“

„schön das es mal einer auspricht. ich fand auch die rede von carsten ganz nett, in der er darauf hinwies, dass man ja mit dem geld kommunalpolitisch ein zeichen setzen könnte. mit knapp 170.000 € die alleine nach hamburg gegangen sind, haben die dort endlich mal ein kommunalpolitisches Zeichen gesetzt.“

„vielen Dank für Ihre email und die ergänzenden Informationen zu dieser ärgerlichen „Veranstaltung“ … Sie sprechen mir (...) aus der Seele. Das Ganze ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten.“

„Ich war auf der Feier zur Preis-Verleihung. Was soll dabei bitte 68.000,- Euro gekostet haben?!“

„Es ist wirklich schon derbe wie das "Uebel & Gefährlich" an Gelder kommt, (...) Die feiern sich doch alle gegenseitig, mir scheint da kein rankommen, die Kulturbehörde Hamburg feiert da übrigens mit. (...) Jetzt wird gejubelt, daß die "Initiative Musik" die Rettung für die kleinen Clubs ist, und wieder einmal muß ich mit ansehen wie das "Uebel & Gefährlich" abräumt, Filz sei dank! (...) Auch die Kultursenatorin von Hamburg, Prof. Barbara Kisseler, ist mit einigen Vorstandsmitglidern im Clubkombinat gut befreundet, das scheint ihr wichtiger zu sein als einen angemessenen Umgang und Zugang zur Kulturförderung zu schaffen. (...)“

„Auch ich wünsche mir (...) komplette Transparenz! (...) (bin ich zu blauäugig?)“

„Wenn die Vergabepraxis so funktioniert wie sie es beschreiben (...) ist die ganze Sache ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Veruntreuung ist strafbar. Natürlich gerät durch einen solchen Prozess die gesamte und dem Prinzipe nach begrüßenswerte Vergabeinitiative in Gefahr. Die entsprechenden Staatsminister wären dann sicherlich über einen entsprechenden Hinweis dankbar, wie das ganze Verfahren korruptionsfrei ablaufen könnte. Kein Minister möchte sich (normalerweise) nachsagen lassen, dass er im vollen Wissen beinahe unverhohlene Korruption duldet. Dies hat schon einige Politikerkarrieren beendet, und zwar umso zuverlässiger je höher die bekleidete Position war. Ob die berechtigte Entrüstung ohne Beleg des Straftatbestandes zu den Entscheidungsträgern durchdringt vermag ich allerdings zu bezweifeln. Dass Sie selbst unbestechlich sind haben Sie durch Ihre Reaktion auf dieses vermeintliche Bestechungsangebot durch Falk jedenfalls bereits eindrucksvoll belegt.“

„(...) Wenn ich lese dass die Feuerwache 800.000 € bekommt bekomme ich das k…. Dieser Betrag könnte vielen, vielen Spielstätten helfen, stattdessen wird diese EINE in den Himmel gehoben, damit sie Hochglanzwerbung machen können und umliegende Clubs gehen ein.“

„(...) unerfreulich ist im Besonderen, dass wir keine wirklichen Informationen haben zur gesamten Vergabesituation. (...) Aufgrund welcher Kriterien werden die sich bewerbenden Bühnen beurteilt? Warum erfährt man mit keiner Silbe, wie weit man gekommen ist, z.B. unter die letzten 10 oder 12 oder wie auch immer? Warum wird nicht mitgeteilt, welche Kriterien man nicht erfüllt bzw. was genau zur Abwertung gegenüber anderen geführt hat? (...) Es ist mir in diesem Zusammenhang keine Ausschreibung bekannt, bei der man als Nicht-Gewinner so gar keine Ahnung hat über den Hergang der Entscheidungsfindung. Dies hinterlässt einen sehr unguten Geschmack und entsprechende Unzufriedenheit, und dies umso mehr, als Ihre Einrichtung Steuergelder verwaltet, was Sie in besonderer Weise zu Transparenz in Zusammenhang mit den Abläufen des gesamten Vergabeverfahrens verpflichtet.(...) Eine Teilnahme an der Preisverleihung in Hamburg ist mir und meinem Team leider unmöglich, da Kulturarbeit in einer kleinen, 25 Jahre bestehenden Kulturbühne ohne jegliche öffentliche Unterstützung sowieso ein eher defizitäres Geschäft und ohne unseren häufig ehrenamtlichen Einsatz überhaupt nicht machbar ist. Ein Umstand, der ja hinlänglich bekannt und mit Sicherheit der entscheidende Grund für vom Bund geförderte Initiative Musik sein dürfte. Eine Reise nach Hamburg ist da überhaupt nicht drin.“

„(...) aber anscheinend interessiert wie immer diesen Filz keinen. Ich hab mir noch garnicht anschauen können wer diesmal berücksichtigt wurde, nachdem letztes Jahr schon einige die eh schon fett unterstützt werden bedacht wurden.(...) was kann man denn machen um gegen diesen Filz vorzugehen? Ich finde das genauso wie sie zum Kotzen.“

"Ich finde es aber ganz super, dass du da nicht innehältst und die Courage hast, weiter der "Spielverderber" zu sein. Und, die ganze Ablehnung auszuhalten, die gegen dich aufgebaut wird ... Das sind ja doch offenbar pathologische Zocker und Raffkes, die lassen sich von einem empörten Wahrheitsfreund natürlich nicht gern in die Suppe spucken. Warum sollten sie auch, anders ist es doch viel gemütlicher?"

„(...) Im letzten Jahr habe ich bereits in Berlin meinen Unmut kundgetan. Wie man sieht hat sich nichts verändert. (...) Bislang habe ich mich 10 Jahre über Wasser gehalten, so dass ich nicht auf die Bewertung in Berlin angewiesen bin. Es wäre schön gewesen wenn unsere Arbeit als Spielstättenbetreiber in Form einer Anerkennung gewürdigt würde. Für mich muss es nicht unbedingt ein finanzieller Faktor sein. Von daher habe ich mich entschlossen nicht mehr teilzunehmen. Es macht mich froh und erspart viel Kraft und Energie. Wenn man die vielen negativen Stimmen ignoriert und von der Resonanz der Gewinner ausgeht macht dies wenig Sinn. (...)“

„(...) Auch diesmal kann ich Ihnen nur zu 100% zustimmen. Es müsste doch möglich sein, Kriterien aufzustellen, nach denen eine Spielstätte objektiv beurteilt werden kann. (...) Was nicht sein darf, ist, dass immer die selben Kandidaten sich das Geld gegenseitig zuschustern. Und die Gala geht überhaupt nicht. Man sollte mal die Preisträger fragen, so sie eine solch teure Feier (auch in Hinblick auf die nicht berücksichtigten kleinen Spielstätten) überhaupt wollen.“

 

 

 

 


Dieser Blog bezieht sich ausschliesslich auf die Vergabe des "Spielstättenprogrammpreises" durch die "Initiative Musik" in den Jahren 2013 bis 2019 und beurteilt nicht die Arbeit der "Initiative Musik" als Ganzes. Wie es nach 2019 mit der Vergabe-Praxis weiterging, habe ich nicht mehr recherchiert. Das "Vogler" hat sich immer mal wieder beworben und wurde 2022 "aus Versehen" auch einmal ausgezeichnet. Ich werde mich nicht mehr bewerben. Der Aufwand ist zu hoch. Nur so nebenbei: Die "Initiative Musik" hat es nie für nötig empfunden, konstruktiv auf meine Kritik einzugehen geschweige denn, etwas davon zuzugeben oder Verantwortung zu übernejmen. Es gilt mal wieder: Der Überbringer schlechter Nachrichten wird für die schlechte Nachricht verantwortlich gemacht - Schwamm drüber :-)